Hello World,
heute fristet der C64 nur noch ein Schattendasein. Kaum zu glauben, daß dieser Computer noch vor 10 Jahren der angesagte Kommunikationscomputer war und beispielsweise die digitalen Betriebsarten des Amateurfunks dominierte - und da die Mehrheit der Leser hiermit sicherlich nicht ganz vertraut sind, zunächst eine kurze Einleitung in diese Thematik.
Digitale Betriebsarten?
Woran denkt der Laie zunächst, hört er das Wort "Funk"? Vermutlich an Morsecode oder bestenfalls an Sprechfunk - doch das ist nur ein geringer Bruchteil all jener Möglichkeiten, die der Amateurfunk bietet. Wesentliche Spielwiese der Bastler sind hier insbesondere die digitalen Betriebsarten, hier die bekanntesten:
Der Vorteil
Interessant war damals vor allem, daß der C64 alle diese Betriebsarten (mit Ausnahme von Pactor - diese Betriebsart kam erst nach der Hoch-Zeit des C64 auf) lediglich unter Zuhilfenahme spezieller Konverterschaltungen bzw. einfacher Modems bewältigen konnte. Auf PCs war hierfür ein spezieller Extrarechner (TNC von engl. Terminal Node Controller) notwendig. Daß dies nicht zwingend so sein muß, zeigten wenig später die Programmierer von DIGICOM (s.u.) und portierten das erfolgreiche Programm vom C64 auf den PC, wo es als BAYCOM seither Maßstäbe gesetzt hat.
Die Revolution
Kommen wir gleich zu Beginn zur sicherlich erfolgreichsten Amateurfunksoftware für den C64: DIGICOM. Es ermöglichte dem C64 bereits 1985 Zugang zur (von der PC/TNC-Lösung dominierten) Packet-Radio-Welt. Geradezu revolutionär war zudem, daß diese Software lediglich ein einfaches Ein-Chip-Modem zum Betrieb benötigte. Kuriosität am Rande ist zudem, daß die Programmierer (Florian Radlherr, DL8MBT, und Johannes Kneip, DG3RBU) sich dazu entschlossen, den eigentlich stets brachliegenden Kassettenport zum Modemport umzufunktionieren. Der Userport blieb zunächst frei und wurde später zu einer Statusanzeige (aktive Verbindungen, anstehende Nachrichten). Was DIGICOM aus Benutzersicht so attraktiv machte, war die relativ einfache Bedienung und nicht zuletzt der hervorragende Software-80-Zeichenmodus.
Erfreulicherweise wurde DIGICOM noch weiterentwickelt und braucht sich unter Verwendung eines Spezialmodems auch vor heutigen gleichartigen PC-Lösungen nicht verstecken.
Der Allrounder
Unter dem Namen "Bonito" kursierte mitte der 80er ein weiteres Stück beliebter Amateurfunksoftware. Erklärte Zielsetzung dieser Software war, alle Betriebsarten in sich zu vereinen und so ermöglichte unter anderem CW, AMTOR und RTTY - entsprechende Konverterschaltungen hierfür wurden seinerzeit sogar in der 64er veröffentlicht (so richtig glücklich wurde man mit dieser Schaltung jedoch nicht).
Im Unterschied zu vielen anderen Amateurfunkprogrammen war Bonito echte Kommerzware, was ihm nicht nur Freunde einbrachte, schrieb doch der HAM-Spirit (nein, das ist kein Schinkenschnaps sondern in etwa der gleiche Gedanke, der hinter der GNU-Lizenz steckt) fast schon vor, daß man solche Software den Mit-Funkern kostenlos zur Verfügung stellen sollte.
Was gab's sonst noch?
Abseits der ausgetretenen RTTY/AMTOR-Pfade gab es noch mannigfaltige Software für spezielle Lösungen. Neben zusätzlicher Betriebsarten wie beispielsweise dem Empfang von METEOSAT-Bildern (welcher dem Funkamateur einen eindeutigen Vorteil gegenüber dem ZDF-Wetter verschaffte) gab es auch Programme zur Bildübertragung mittels SSTV (Slow Scan Television) oder auch einfache Hilfsprogramme z.B. zur Verwaltung des Logbuches, der Erfassung und Auswertung von QSL-Karten (Bestätigungskarten über getätigte Verbindungen) oder gar die Steuerung einer X/Y-Rotoranlage zur automatischen Verfolgung der OSCAR-Satelliten oder zum Aufbau von EME-Verbindungen (Erde-Mond-Erde).
Heutzutage ist der C64 aus allen Bereichen vom PC verdrängt worden, der Grund hierfür ist jedoch eher in der Ergonomie als vielmehr der Rechenleistung zu suchen und so spricht prinzipiell nichts dagegen, den C64 auch heute noch als Einstiegsrechner für Amateurfunk (bzw. im Falle von Packet Radio auch CB-Funk) zu nutzen. Bastelerfahrung ist jedoch absolute Voraussetzung - gerade der Konverterbau erfordert doch mehr als simple Lötfähigkeiten, man sollte die Schaltung (zwecks späterem Abgleich) auch verstanden haben.
Wer's mit der Bastelei nicht so hat, wird auf http://www.baycom.de fündig - die ursprüngliche C64-Produktlinie wird auch heute noch vertrieben.
Bleibt zum Schluß nur der obligatorische Hinweis: Hören darf jeder, wer jedoch mit dem Gedanken spielt, zu senden, sollte sich mit den geltenden Bestimmungen vertraut machen. Die ganze Bandbreite aller Betriebsarten nebst entsprechender Frequenzbänder indes stehen nur dem lizenzierten Funkamateur zur Verfügung!